28.05.2015

Zeidner Blasmusik-Wochenende zum ersten Mal in Ottmaring: viel Musik, viel Emotion und ein Appell

Es waren beeindruckende und bewegende Bilder, die Peter Roth für den Samstagabend am Blasmusikwochenende Anfang Mai  in Ottmaring bei Friedberg vorbereitete. Aus Filmmaterial von Harald Dootz sen., Gheorghe Axente und Jörg Thalmann hatte der Musikant einige der letzten Auftritte der Zeidner Blasmusik vor der Auflösung in ihrem Heimatort unter dem Zeidner Berg vor 25 Jahren zusammengetragen.

Zum einen war es das letzte 1.-Mai-Konzert 1989 auf dem Bergelchen. Es gehörte zur guten Tradition der Blaskapelle, am Tag der Arbeit in der Früh so gegen acht Uhr, dem Heimatort, der noch in den  Frühnebel gehüllt war, ein Ständchen zu widmen. Gewiss niemand, keine einzige Person konnte ahnen, dass das der letzte Maiauftritt der Kapelle sein wird und dass in wenigen Monaten das alte Regime nicht mehr existierte  und vieles in Auflösung begriffen war. Man sah die Musikanten an diesem Maifeiertag  gut gelaunt und auch immer ernst bei der  Sache ihre Stücke spielen. Zwischendurch machte eine Weinflasche die Runde – so wie es halt immer war.

Der zweite Film zeigte Ausschnitte vom letzten Faschingsball des Männerchores im Hochzeitssaal Anfang Februar 1990. Ceausescu war gestürzt, es sollte eigentlich eine neue, demokratische Zeitrechnung beginnen. Und doch traute man nicht dem Frieden, ganz viele Siebenbürger Sachsen reisten aus. Es herrschte eine merkwürdige Stimmung aus Freude –endlich können wir gehen, aus Angst – wie wird es uns ergehen? – und Unsicherheit – was ist nun das Richtige?

Bezeichnend war eine Sequenz von der Veranstaltung, die danach immer wieder im Saal unter den Musikanten kommentiert wurde. Es zeigte die Musikanten, wie sie voller Freude ihre Instrumente in eine riesengroße Holzkiste packten. Auf der Kiste stand die Zeidner Kapelle als Absender und das Aufnahmelager für Aussiedler in Nürnberg als Adressat. Die Stimmung auf dem Ball war ausgelassen, viele freuten sich, weil sie wußten, dass sie bald ausreisen würden, zum Beispiel von der Blasmusik ein paar Wochen später die beiden begabten Jungmusiker Peter Roth und Brunolf Kaufmann. Man sah den verdienten Dirigenten Ernst Phleps, wie er in seiner kurzen Ansprache sagte, dass er in seiner langjährigen Musikertätigkeit es immer so erlebt hat, dass Dirigenten ein Orchester beziehungsweise ihren Chor verließen, aber dass nun ein Orchester seinen Dirigenten verlaße, sei eine einmalige Geschichte.

Dieses 25-jährige Jubiläum seit dem Ende der Kapelle in Zeiden und dem Neuanfang in Deutschland rief – wie nicht anders zu erwarten – gemischte Gefühle hervor. Einerseits Freude darüber, endlich nach Deutschland ausgereist zu sein, und andererseits  Nachdenklichkeit, ob dass auch alles richtig war – Tendenz eher, dass es im Grunde keine realistische Alternative gab und man froh war, neu beginnen zu können.

Ansonsten wurde auch dieses Wochenende in Ottmaring wie immer viel und ausgiebig musiziert, war ernst bei der Sache und übte fleißig Altbekanntes und zwischendurch auch neuere Stücke. Man sieht es den Musikanten an: Die, die kommen, haben einen Riesenspaß und wünschen sich sehr, diese Freude am Spielen auch weiterzugeben. Deshalb auch von dieser Seiter die Bitte an alle Eltern und Großeltern, ihre Kinder und Enkelkinder für diese schöne Musik und Gemeinschaft zu begeistern.  Selbst die junge Mutter Harriet Spiegler, geb. Kraus, ließ es sich nicht nehmen, unter dem Applaus der Kapelle, ein paar Stücke mitzuspielen und Oma Karin auf den Kleinen aufpassen zu lassen.

Organisatorisch fand eine kleine Veränderung statt: Brunolf Kaufmann tritt einen Schritt zurück und übergibt das Dirigentenzepter an Werner Schullerus, er wird zweiter Dirigent, und die Arbeit des Notenwarts übernimmt Helmut Kraus. Heiner Aescht bleibt weiterhin Vorstand.

Wieder dabei war das Gitarrentrio mit Effi Kaufmes, Ditte Meyer und Netti  Königes, die mit neuer Energie und frischem Elan auch künftig regelmäßig mitmachen möchten. Auch sie übten das ganze Wochenende fleißig an ihren Stücken und hatten ihren Aufritt am schon besagten Samstagabend. Sie bildeten mit ihren gefühlvoll vorgetragenen Stücken den richtigen Rahmen dieses emotional aufgeladenen Abends.

Den Abschluss  markierte ein Muttertagskonzert am Sonntagvormittag – denn nach wie vor sind die Ehefrauen die wichtigen Stützen ihrer musikspielenden Männer, und viele begleiten sie nach wie vor zu all ihren Auftritten. Als Dankeschön hatten die Männer für alle Frauen Blumen organisiert.

Zu danken ist den Organisatoren im Vorstand, aber auch Karin und Helmut Kraus, die mit der Evangelischen Bildungsstätte in Ottmaring bei Augsburg einen großartigen Veranstaltungsort gefunden haben, mit dem alle sehr zufrieden waren, dann den neuen Opas Heiner Aescht, Helmut Kraus, Hans Königes und der Zeidner Nachbarschaft, die eine Runde (Details sind sicher nicht notwendig) spendeten.

Bleibt nun für alle die Aufgabe, den Nachwuchs für so ein Wochenende und die Arbeit in der Kapelle zu begeistern. Packen wir es an, um noch ein paar Jahre diese uns Siebenbürger Sachsen so viel zu bedeutende Musik, erklingen zu lassen.

Hans Königes